Seit seinem Bestehen hat ProTandem nicht nur die berufliche Entwicklung junger Auszubildender gefördert, sondern auch Austauschmöglichkeiten für Lehrkräfte und AusbilderInnen geschaffen. Diese Programme ermöglichen es Lehrkräften und AusbilderInnen, ihre Perspektiven zu erweitern, indem sie drei bis vierzehn Tage lang an Partnerschulen hospitieren und auch aktiv neue Techniken ausprobieren können.
Eine besonders langjährige Partnerschaft besteht zwischen dem Lycée Jean Monnet in Yzeure und der Staatlichen Glasfachschule in Hadamar. In diesem Jahr feierte dieser Austausch sein 25-jähriges Jubiläum, das nicht nur eine lange Freundschaft, sondern auch eine reichhaltige berufliche Zusammenarbeit symbolisiert. Beide Schulen bilden im Handwerk für Glasberufe aus, wobei sie unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Diese Vielfalt bereichert den Austausch, da alle Beteiligten die Möglichkeit haben, neue Techniken und Perspektiven im Partnerland kennenzulernen.
Im Jahr 2023 nahmen Sandra Urban, Lehrerin für Glasmalerei an der Staatlichen Glasfachschule in Hadamar, und Antoine Mexmain, Glasmacherlehrer an der Ecole nationale du verre in Yzeure, an einem solchen Austausch teil. Heute teilen sie ihre Erfahrungen und Einblicke mit uns.
Welche Eindrücke haben Sie generell von diesem Lehreraustausch mitgenommen?
Sandra Urban: Der Lehreraustausch war für mich sehr schön. Ich hatte viel Zeit in den Werkstätten in Frankreich, da ich mir selbst meine Schwerpunkte legen konnte. Ich bin froh und dankbar, dass es diese Möglichkeit gibt und ich daran teilnehmen konnte.
Antoine Mexmain: Ich habe mich sehr gut aufgenommen und wohlwollend behandelt gefühlt.
Was hat Ihnen dieser Austausch auf der Ebene der beruflichen Kompetenzen gebracht? Wie sieht es auf persönlicher Ebene aus?
SU: Auf beruflicher Ebene konnte ich das Material Glas noch besser verstehen, da wir in Hadamar keinen Heißglasofen haben. Das Glas zu verstehen, hilft bei der Gestaltung des Glases.
Ich konnte meinen Umgang mit heißem Glas trainieren, Kompetenzen erweitern und neue Fähigkeiten dazulernen. Ich hatte ebenfalls die Gelegenheit, in der Metallwerkstatt der Schule zu arbeiten. Der Umgang mit Metall war für mich eine ganz neue Erfahrung und ich konnte in der Schmiede ein eigenes kleines Projekt umsetzen. In meinem Wohnort gibt es einen Schmiedeclub, bei dem ich meine neu erworbenen Fähigkeiten weiterführen kann.
AM: Die behandelten Techniken (Glasblasen am Brenner, Verbinden von heißem Glas vor dem Brenner etc.) haben es mir ermöglicht, meine Kenntnisse über das Material zu vervollständigen. Die Arbeit mit dem Glas vor dem Brenner ist sehr feinteilig und präzise und der Umgang mit dem heißen Glas ist anders, als mit der großen Glasmacherpfeife vor dem Ofen. So konnte ich meine eigenen Arbeitstechniken erweitern.
Hatten Sie Schwierigkeiten auf sprachlicher Ebene? In welcher Sprache haben Sie kommuniziert? Haben Sie Fortschritte in der Sprache des Partners gemacht?
SU: Ich würde sagen, dass wir keine Schwierigkeiten auf sprachlicher Ebene hatten. Wir haben sowohl auf Französisch, als auch auf Deutsch kommuniziert. Ich habe wieder viele Begriffe gelernt und bin froh, dass ich auch meine Sprachkenntnisse erweitern konnte. Eine erlernte Sprache lebt davon, dass man sie spricht. Im Alltag bietet sich mir kaum eine Möglichkeit, Französisch zu sprechen, weshalb es mir zu Beginn des Austauschs schwerfiel, die Sätze richtig zu bilden oder die richtigen Worte zu finden. Dies wurde mit jedem Tag besser.
AM: Ich hatte keine Probleme mit der Kommunikation, weder mit den Schülern noch mit den Kollegen oder sogar mit Personen, die ich außerhalb der Schule bei meinen kulturellen Besichtigungen kennengelernt habe. Ich kommunizierte hauptsächlich auf Deutsch und ein wenig auf Englisch. Dadurch habe ich erhebliche Fortschritte in Deutsch gemacht.
Was ändert die Teilnahme am Lehreraustausch jetzt in Bezug auf die Organisation der Austausche mit den SchülerInnen? Wird es die Organisation erleichtern?
SU: Ich bin in der Organisation des Austauschs für die SchülerInnen bisher nicht involviert gewesen, deshalb fällt es mir schwer, diese Frage zu beantworten. Was mir gut gefallen hat, ist, dass ich die Schüler und Schülerinnen aus Frankreich während meines Aufenthaltes dort bereits kennenlernen konnte und sie in ihrem Fachpraxisunterricht erlebt habe.
AM: Ich bin gerade dabei, dank dieses Austauschs, eine weitere berufliche Mobilität bei einer kulturellen und beruflichen Veranstaltung zu organisieren, um die Partnerschaft zwischen unseren beiden Schulen weiter auszubauen.
Haben Sie während Ihres Aufenthalts in der Partnerschule bemerkenswerte Unterschiede festgestellt (z. B. in der Pädagogik, der Arbeitsweise, dem Verhältnis zu den Schülern usw.)? Bringen Sie neue Ideen für den Unterricht in Ihrer Schule mit?
SU: Ich fand es sehr bemerkenswert, wie viel Ähnlichkeiten ich feststellen konnte. Die SchülerInnen haben an beiden Schulen ein sehr offenes und herzliches Verhältnis zu ihren Lehrkräften.
AM: Ich hatte keinen Einfluss auf die Pädagogik meiner deutschen KollegInnen, aber die Brücke, die wir bauen, wird den GlasmacherInnen und GlasapparatebauerInnen helfen, voneinander zu lernen und ihre Fertigkeiten zu bereichern.
Sandra, Sie haben bereits als Schülerin an einem ProTandem-Austausch teilgenommen, was ist Ihr Gefühl nach Ihrer Erfahrung als Lehrerin / Ausbilderin (Was war gleich, was war anders)?
Als Schülerin musste ich mich nach dem vorgefertigten Plan der Lehrkräfte richten. Als Lehrkraft konnte ich nun meine Werkstattstunden, Kulturbesuche etc. selbst planen und einteilen. Dadurch konnte sehr auf meine Wünsche eingegangen werden und ich konnte alles umsetzen, was ich mir gewünscht hatte. Die Aufgaben im Heißglas waren ungefähr die gleichen, wie damals als Schülerin, aber ich konnte sie wesentlich effektiver umsetzen, da ich die einzige Person war. Dadurch konnte ich Dinge viel öfter und intensiver ausprobieren als damals. Es ist mir sogar gelungen, einzelne Trinkgläser selbstständig anzufertigen. Das war für mich ein besonderes Erlebnis. Antoine und seine Kollegen waren begeistert, da ich vieles wohl sehr schnell umsetzen konnte. Ich denke, dass es hier von Vorteil war, dass ich als Schülerin schon einmal dort war.
Gab es während des Austauschs besondere Projekte oder Aktivitäten, an denen Sie teilgenommen haben oder lustige oder bemerkenswerte Situationen? Gab es vielleicht eine kulturelle Situation, an die Sie sich besonders erinnern ?
SU: Das Lustigste war für mich, dass ich an meinem ersten Tag in Frankreich nach der Schulführung zunächst einmal fast zwei Stunden im Büro „eingeschlossen“ war, da an dem Montag ein Probealarm stattgefunden hat. Also hieß es erstmal: alle Lichter aus, alle Türen abschließen und warten, bis es Entwarnung über Funk gibt. So konnte ich mit Antoine und den anderen in Ruhe überlegen, welche kulturellen Sehenswürdigkeiten ich mir anschauen sollte und wie mein Stundenplan aussehen müsste. Ansonsten waren die gesamten zwei Wochen für mich sehr schön und es gab viele Momente, die besonders schön waren. Zum Beispiel haben mich die französischen Kollegen zum Abschied zum Essen in das „Petit Bouchon“ eingeladen, wo wir sehr gut gegessen haben und uns viele Geschichten erzählt haben.
AM: Ja, ich erinnere mich besonders an die privaten Führungen, die mir angeboten wurden und so habe ich dank der Kollegen Florian Dierig und Wolfgang Hofmann einen Blick hinter die Kulissen des Glasmuseums in Hadamar werfen dürfen – es war wunderbar!
Welche Ratschläge würden Sie anderen LehrerInnen geben, die an einem ähnlichen Austausch teilnehmen möchten?
Auf jeden Fall machen! Es ist schön, sich mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen und andere Perspektiven einzunehmen. Mit so einer tollen Partnerschule und so prima KollegInnen kann ich diesen Lehreraustausch nur empfehlen. Das war eine schöne Erfahrung und ich würde es wieder machen.
Ich rate es jedem! Es war eine fantastische, lehrreiche Erfahrung, die in mir den Wunsch geweckt hat, zwischen diesen beiden wunderbaren Ländern zu leben. Ich plane, von nun an mehrmals im Jahr an die Partnerschule zu kommen und unsere gemeinsamen Aktivitäten auszuweiten.
Sind Sie Lehrer/in oder Ausbilder/in und möchten diese Erfahrung machen? Sie finden alle Informationen auf unserer Webseite, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren, wir helfen Ihnen gerne weiter!