Deutsch-Französische Agentur für den Austausch in der beruflichen Bildung

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„Le fruit des efforts“ – Die Bemühungen haben Früchte getragen. Das Lycée professionnel de l’Horizon berichtet über seinen Aufenthalt in Krefeld

Vom 12. September bis 07. Oktober 2022 verbrachte eine Gruppe französischer Auszubildender von der Insel La Réunion im indischen Ozean dank eines Austauschs in der beruflichen Bildung mit ProTandem vier Wochen in Nordrhein-Westfalen.

Sieben Jugendliche, die im Lycée professionnel l’Horizon in Sainte-Clotilde de la Réunion ihre Ausbildung in diversen Bauberufe absolvieren, waren ab dem 12. September gemeinsam mit ihren Lehrkräften an den Bildungszentren des Baugewerbes e.V. in Krefeld. Für die Partnerschulen ermöglichte dieser deutsch-französische Austausch einen Mehrwert an Fachkenntnissen und beruflichen Erfahrungen für ihre Auszubildenden.

„Ich würde gerne noch einmal zurückkommen!“ ist Emmanuels Antwort, wenn man ihn nach seinem Fazit bezüglich seines Austauschs fragt. Gemeinsam mit Florencia gehört er zu den sieben Auszubildenden, die in diesem Jahr ihre Heimat für ein vierwöchiges Praktikum in Krefeld verließen. Für beide ist es der erste Aufenthalt in Deutschland, für Emmanuel sogar der erste auf dem Festland. Vorbereitet auf diese Reise wurden sie allerdings seit Beginn ihrer Ausbildung 2020. Das Lycée professionnel de l’Horizon auf der Insel La Réunion arbeitet seit über 15 Jahren in enger Verbindung mit deutschen Partnereinrichtungen zusammen und hat das Austauschprojekt sogar fest in die Lehrpläne mit integriert. So beginnen alle Auszubildenden im ersten Berufsschuljahr mit zwei Stunden Deutschunterricht pro Woche, wobei in jedem Folgejahr jeweils eine Stunde hinzukommt.

Die Sprachkenntnisse sind grundsätzlich keine Voraussetzung für die Teilnahme an einem ProTandem-Austausch, jedoch von Vorteil. Das haben auch Florencia und Emmanuel erkannt. „Könnte ich noch einmal von vorne anfangen, dann hätte ich noch härter an meinen Deutschkenntnissen gearbeitet! Jetzt erst fange ich an, mir die wichtigsten Wörter zu merken und lerne sie auswendig. Noch sind aber die deutschen Sätze aufgrund ihrer Länge schwer zu verstehen.“, sagt uns Emmanuel. Aber auch mit dem bisherigen Wissen konnten sich Florencia und Emmanuel sehr gut mit ihren Tandempartnern austauschen. In den Werkstätten der Bildungszentren des Baugewerbes e.V. werden die Sprachbarrieren in der Kommunikation berücksichtigt, deutsch-französische Glossare des gängigsten Fachvokabulars liegen bereit und notfalls wird mit Händen und Füßen erklärt. Dadurch, dass alle Teilnehmenden aus dem Bauhandwerk kommen, sind sie mit Werkzeugen, Abläufen und dem Lesen von Bauplänen vertraut, was die Zusammenarbeit natürlich erleichtert. Auch aus diesen Gründen fühlt sich Florencia bei ihren neuen Kollegen sehr wohl: „Mich hat beeindruckt, wie freundlich und zuvorkommend alle AusbilderInnen und Auszubildenden sind. Sie nehmen sich immer Zeit, mir alles geduldig zu erklären und fragen auch sonst wie es mir geht. Das hat mich bei der Arbeit und beim Lernen sehr motiviert.“

Emmanuel sind die vielen Unterschiede zwischen Deutschland und seiner Heimat in den verschiedenen Lebensbereichen ebenfalls aufgefallen: „Ich kenne nur die tropischen Temperaturen, da ist es hier schon wirklich frischer. Aber die Natur finde ich sehr schön und auch die Bauweise der Städte und Straßen finde ich beeindruckend.“. Während des Austauschs überlegt sich Emmanuel auch die nächsten Schritte für seine Zukunft. Das Praktikum hat seinen Berufswunsch nur verstärkt und er freut sich, neue Sichtweisen und Fachkenntnisse in Deutschland erlangt zu haben. „Die Techniken sind in beiden Ländern sehr ähnlich, aber hier wird mit ganz anderen Materialien gearbeitet, die ich aus meiner Heimat nicht kenne. Das ist wirklich spannend und ich kann meiner Familie erzählen, was ich hier lerne und erlebe!“. Familie und Freunde unterstützen die beiden Teilnehmenden in ihrer Entscheidung eines Auslandsaufenthaltes und gegen das Heimweh helfen regelmäßige Videochats.

Florencia und Emmanuel verdanken ihre positiven Eindrücke und Erlebnisse nicht nur ihrer aufgeschlossenen Art und den umsichtigen Austauschpartnern. Ein großer Verdienst geht auch an die Bildungszentren des Baugewerbes e.V.! Das Ausbildungszentrum organisierte beispielsweise nicht nur die Abholung bei Ankunft am Flughafen sowie die Unterkunft der französischen Gruppe, sondern plante auch für alle Teilnehmenden ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm. So wurden beispielsweise unterschiedliche Unternehmen und Werkstätten mit verschiedenen Schwerpunkten besichtigt, aber auch Besuche von Museen und Freizeitparks standen auf dem Programm. Da es auf La Réunion keinerlei Freizeitparks gibt, waren Achterbahnen und andere Attraktionen nicht nur für Florencia und Emmanuel ein echtes Highlight. Der Aufenthalt wurde von einer kleinen Abschiedsfeier abgerundet, für die auch die Teilnehmenden eigene Programmpunkte beisteuerten, um sich bei ihren Gastgebern – auf deutsch – zu bedanken.

Ein gelungener Austausch also auch in diesem Jahr – für das französische Lycee Professionnel ein Erfolg, was einerseits auf die langjährige Zusammenarbeit, aber auch auf die außergewöhnliche Destination und das eigens dafür geschaffene Konzept zurückzuführen ist. Seit über 15 Jahren wird den Auszubildenden dieser Schule auf La Réunion diese einmalige Möglichkeit geboten. Sie erhalten ab Beginn der Ausbildung einen sich stetig erweiternden Deutschunterricht mit dem Ziel eines Austauschs im dritten Jahr. Der Austausch wird allerdings nicht allen Auszubildenden zuteil. Von insgesamt 36 Auszubildenden pro Jahr werden lediglich die 12 engagiertesten Schüler ausgewählt. Dieses besondere Programm ist nicht selbstverständlich, unter anderem aufgrund der für den Deutschunterricht anfallenden Personalkosten. Das „Deutschlandprojekt“ profitiert von der Unterstützung der Akademie, die eine zusätzliche halbe Stelle für den Deutschunterricht finanziert. Die Investition in die Mobilität von Auszubildenden und Schülern erklärt sich aus der geografischen und konjunkturellen Lage der Insel: auf der Insel gibt es wenig Arbeitsplätze und dementsprechend eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, weswegen die Mobilitätsförderung von Auszubildenden, aber auch AusbilderInnen in Richtung europäischem Festland ein wirtschaftliches und politisches Ziel darstellt.

Die Frage, ob sie durch den ProTandem-Austausch nach ihrer Ausbildung eher bereit sind, über den Tellerrand zu schauen und noch einmal ins Ausland zu gehen, beantworten Florencia und Emmanuel mit einem beherzten „Ja“. Der Zugang zu zukünftigen Mobilitäten wurde den beiden also erleichtert. Nun freuen sich die Reunionaisen erst einmal auf den Empfang der deutschen Auszubildenden in ihrer eigenen Heimat. Denn gerade weil die ProTandem-Austausche auf Gegenseitigkeit beruhen, empfinden ihn beide Partnereinrichtungen auf fachlicher und menschlicher Ebene als spannend und lehrreich für alle Beteiligten.

Zusammenfassend sagt Emanuel: „Anderen Auszubildenden würde ich diesen Austausch jederzeit empfehlen. Wer gut im Deutschunterricht aufpasst, viel über die eigenen Techniken und Arbeitsweisen lernt, wird von dieser Austauscherfahrung enorm profitieren. Ich bin unglaublich froh, dass ich nun die Früchte meiner Arbeit der letzten drei Jahre ernten kann“.