Deutsch-Französische Agentur für den Austausch in der beruflichen Bildung

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Kultur, Sprache, Berufserfahrung … und eine Menge Spaß!

Seit über zwei Jahrzehnten verbindet die Stadt Hadamar in Hessen und die Stadt Yzeure in der Auvergne eine herzliche Freundschaft, die auf einer ProTandem-Kooperation zwischen zwei Ausbildungsstätten im Glasbereich gründet.

Die Nationale Glasfachschule am Lycée Jean Monnet in Yzeure bildet seit Jahrzehnten Auszubildende im Bereich des Glashandwerks und der Glaskunst aus. Hier können Auszubildende zwischen verschiedenen Abschlüssen und unterschiedlichen Schwerpunkten wählen. Als ProTandem-Partner arbeiten sie seit dem Jahr 1999 mit der staatlichen Glasfachschule Hadamar zusammen. An der deutschen Schule werden unter anderem Glasmaler, Glasveredler und Glasapparatebauer ausgebildet.

Vom 13. März bis zum 1. April waren dieses Jahr erneut 17 französische Auszubildende im Alter zwischen 16 und 19 Jahren für drei Wochen in der mittelhessischen Fürstenstadt. Eine gleiche Anzahl von Hadamarer Auszubildenden besuchte zuvor ebenfalls für drei Wochen die französische Partnerschule. Eine Dauer, die für viele Auszubildende schon fast zu kurz scheint: „Nach drei Wochen konnte ich mit den neuen Methoden Aufgaben selbstständig lösen und schon müssen wir die Werkstatt wieder verlassen“, bedauert auch Josephine.

Seit Beginn des Austauschs bieten die Verantwortlichen den Teilnehmenden in den Ausbildungsstätten eine möglichst facettenreiche Austauscherfahrung und ein abwechslungsreiches Programm, natürlich in erster Linie auf fachlicher Ebene.

In den verpartnerten Glasfachschulen von Hadamar und Yzeure weichen die Ausbildungsberufe voneinander ab. Auf deutscher Seite sind es Glaser, Glasveredler, Glasapparatebauer und Glasmaler, die Franzosen hingegen werden zu Glasmachern und Glasdekorateuren ausgebildet. „Uns ist der Unterschied zwischen den Ausbildungen sehr bewusst“, erklären auch Émelie und Lucas aus Frankreich. „Wir arbeiten mehr mit dem heißen Glas, während die Deutschen eher in der Glasmalerei sind. Wir werden also sehr unterschiedliche Techniken kennenlernen und das wird uns für unseren Abschluss von Vorteil sein.“ So ist Glas das verbindende Material, wenn auch die Verarbeitungstechniken sich unterscheiden. „Wir alle sprechen Glas und damit klappt auch die Verständigung“, sagt Fachlehrer Florian Dierig schmunzelnd.

In der deutschen Glasfachschule selbst durchlaufen die AustauschschülerInnen mehrere Werkstätten, um verschiedene Techniken und Möglichkeiten der Glasgestaltung zu erlernen. Egal, ob der zerbrechliche Werkstoff bemalt, bedruckt, verschmolzen oder verformt wird, alles steht unter dem diesjährigen Leitthema „Fremde und Freunde“. So entstehen farbenfrohe Schriftzüge, emotionsgeladene Masken, humoristische Portraits und kleine Geschenke.

„Ich habe viel Neues gelernt, vor allem was die Bearbeitung von kaltem Glas angeht“, freut sich Rémy, der in Yzeure eine Glasmacher-Ausbildung absolviert. In diesem Beruf wird mit der zirka 1500 Grad heißen Rohmasse gearbeitet. In Hadamar habe ihn vor allem der Glasapparatebau begeistert. Es gäbe zwar ähnliche Techniken in beiden Berufen, doch nie zuvor habe er Glas zusammengeschmolzen. „Einfach toll, wie schnell das geht“, schwärmt der 17-Jährige und schließt nicht aus, sich beruflich später einmal in diese Richtung zu entwickeln.

Während des Austausches erhalten die Jugendlichen auch einen Einblick in die Geschichte und Kultur des Nachbarlandes und vertiefen ihre Sprachkenntnisse. „Im Rahmen des Kulturprogramms besuchten die französischen Gäste unter anderem das Landesmuseum Darmstadt und in Taunusstein eine der größten Kunstglasereien Deutschlands“, berichtet ein Lehrer der Glasfachschule Hadamar. Als besonders einprägsam empfanden die französischen Auszubildenden den Besuch der Gedenkstätte Hadamar, die an die Verfolgten der nationalsozialistischen „Euthanasie“ erinnert. Die Eindrücke wurden noch über den Besuch hinaus thematisiert.

Zu Beginn des Austausches in Yzeure stürzten sich die deutschen und französischen Auszubildenden als Tandem in eine spannende Stadtrallye durch Moulins, der historischen Hauptstadt der Provinz des Bourbonnais und Präfektur des Departements Allier. Diese gemeinsame Erfahrung brach gleich das Eis zwischen den Auszubildenden und förderte die Kommunikation untereinander. In den darauffolgenden Tagen besuchten die Auszubildenden nicht nur das interaktive Michelin-Abenteuer-Museum in Clermont-Ferrand, sondern auch die Stadt Vichy mit dem Opernhaus und den Quellenpark sowie die Museen in der Stadt Moulins.

Damit auch die Verständigung zwischen allen Teilnehmenden gelingt, war der Gruppe über den gesamten Austauschzeitraum eine Sprachbegleiterin zur Seite gestellt. Ob bei Stadtführungen oder in den Werkstätten, Clara Hering sorgte dafür, dass sich auch die Jugendlichen gut aufgehoben fühlten, die kaum Deutsch oder Französisch verstehen. Auch für sie ist die Zeit mit den Glasfachschülern überaus spannend gewesen. „Ich hatte keine Vorstellung, was im Glasbereich alles möglich ist“, sagt sie. Es sei einfach toll, mit welcher Leidenschaft die Jugendlichen bei der Sache sind und wie vielfältig sie sich kreativ ausdrücken.

Auch Sebastian Dénizard, organisierender Lehrer auf französischer Seite weiß die Anwesenheit der Sprachbegleiterin zu schätzen, um sich gegenseitig über Lehrmethoden, pädagogische Ansätze und Koordination der Gruppen auszutauschen: „Wir freuen uns immer auf dieses Wiedersehen. Das gemeinsame Planen der Inhalte ist uns sehr wichtig. Leistungs- und Lernniveau der beiden Gruppen werden bei der Planung mit einbezogen, denn es soll für alle eine spannende und bereichernde Erfahrung werden. Sie sollen die neuen Methoden nicht nur nachmachen, sondern mit den eigenen Fertigkeiten kombinieren können.“

Da die Sprachbegleiterin nicht bei allen 17 Auszubildenden gleichzeitig sein kann, lernen sie auch, sich nach und nach ohne sie zu verständigen. „Wir haben uns einfach über Musik und Playlists ausgetauscht, das geht auch ohne Worte. Und schon hatten wir eine WhatsApp- und eine Instagram-Gruppe, in der wir gemeinsam unsere Freizeit planen konnten“, lachen Jakob und Marion.

Auf die Frage, ob sie einen solchen Austausch auch anderen Auszubildenden empfehlen würde, antwortet Emel mit einem entschiedenen Ja. „Man sieht solche Austausche im Fernsehen und denkt sich wow, dass würde ich auch gerne machen. Und unsere Schule stellte uns diese Möglichkeit einfach zur Verfügung.“ Emels Fazit fällt auch bezüglich des Gesamtprogramms positiv aus: „Es war wirklich schön und ich bin sehr dankbar, dass alles so gut geplant wurde. Mit Sicherheit liegt es auch an der jahrelangen Erfahrung und dem großen Engagement der Lehrkräfte beider Schulen, dass dieser Austausch eine unvergessliche Erfahrung für uns geworden ist.“